Am Südbahnhof
„Am Südbahnhof“ ist der Name einer Straße in der Hannoverschen „Südstadt“. Der Name erinnert an ein 1872 errichtetes Bahnhofsgebäude. Im Umfeld des Bahnhofs siedelten sich ab Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche gewerbliche Unternehmen aus der Eisen- und Metallverarbeitungsbranche an und erstellten große Fabrikgebäude sowie Lagerhäuser.
In den 1970er Jahren begann die Schließung und Verlagerung der Produktionsstätten.
Zum Anfang des 21. Jahrhunderts lag das gesamte Gelände bereits brach. Nach der Umwidmung der Flächen vor etwa zehn Jahren erfolgte eine zügige bauliche Entwicklung mit Bürobauten und Gewerbeeinheiten.
Der Neubau ist am nördlichen Ende der Anna-Zammert-Straße entstanden und stellt einen der letzten Bausteine der Entwicklung des ehemaligen Südbahnhofsgeländes dar. Das Haus besetzt ein dreieckiges Grundstück und enthält Wohnungen sowie Räume für Geschäfte und Büros. Dreißig Prozent der Wohnungen sind sozial gefördert.
Das Gebäudevolumen zeigt eine dem Verlauf der angrenzenden Straßen angepasste, zusammenhängende Gebäudekonfiguration, die im Inneren einen geschützten Hof abbildet.
Das Wohnungsbaukonzept folgt den vielfältigen Bedürfnissen an das qualitätsvolle Wohnen. Adressbildung, Orientierung und Privatheit in der Wohnungsorganisation sind dabei die wesentlichen Kriterien. Mit 62 unterschiedlichen Grundrisstypen bei 142 Mietwohnungen unterstützt der Neubau die individuellen Anforderungen an das Wohnen in der Stadt.
Alle Eingänge sind an der Straße positioniert und als geschützte Bereiche in das Volumen des Gebäudes eingeschrieben. Direkt neben dem Eingang sind große Räume für Fahrräder, Kinderwagen und Rollstühle realisiert. Das gegenüber dem Bürgersteig angehobene Erdgeschoss ist prinzipiell barrierefrei erreichbar. Jeder Zugang hat eine direkte Anbindung an den Innenhof sowie die Tiefgarage samt den zugeordneten Kellerräumen. Die Treppenhäuser sind großzügig dimensioniert und erhalten Tageslicht über Öffnungen in der Fassade oder über großflächige Oberlichter.
Ein Großteil der Wohnungen ist zum „Durchwohnen“ geplant, womit eine Nord-Süd- bzw. Ost-West-Orientierung der Wohnungen erreicht und der direkte Bezug zum Innenhof hergestellt wird. Dieser Aspekt ist in besonderer Weise für die lärmimmissionsbelasteten Wohnungen entlang der Straße Am Südbahnhof bedeutsam. Eine Qualitätssteigerung bilden die großzügig bemessenen Loggien und Balkone, die pro Wohnung weitgehend zweiseitig angeordnet sind. Ausnahmen bilden nur wenige, kleinere Wohnungen, die zwar einseitig, jedoch prinzipiell auf der Südseite zum Innenhof orientiert sind.
Eine Reihe von Maßnahmen unterstützen das Bedürfnis der Bewohner an Privatheit. So sind die zur Straße orientierten Freiräume grundsätzlich als Loggien ausgebildet und die Erdgeschossebene gegenüber der Straße angehoben. Im Innenhof haben die Erdgeschosswohnungen durch Hecken geschützte, direkt zugeordnete Freiräume und Mietergärten erhalten.
Just dort, wo heute noch eine 1872 erbaute Brücke über die Straße „Am Südbahnhof“ an die wechselvolle Eisenbahnvergangenheit des Stadtteils erinnert, erhält der Neubau eine kraftvolle Gebäudespitze. Die Überhöhung der Gebäudefigur ist ein wichtiger Orientierungspunkt mit besonderer Fernwirkung und hohem Identitätspotential. Der Gebäudeteil nimmt im Erdgeschoss einen Laden auf, in den darüber liegenden Etagen sind Büroflächen verortet. In seiner Materialität ist der Bürobau ein integraler Bestandteil der gesamten Gebäudekonfiguration. Die vom Wohnungsbau abweichende Nutzung ist deutlich erkennbar, durch den bodengleichen Anschluss der Erdgeschossebene, die großformatigen Fensterformate oder die besondere Ausbildung der Gebäudeecke.
Die straßenseitigen Fassaden sind aus Ziegelmauerwerk erstellt, dem für den Stadtteil typischen Material. Alle Fenster und Loggien haben umlaufend massive Lisenen in weißer Farbe erhalten. Das rötlich eingefärbte Fugenmaterial der Mauerwerkswand unterstützt das homogene Erscheinungsbild des Baukörpers. Der dreieckige Innenhof ist umlaufend verputzt und weiß gestrichen. Im Gegensatz zu den straßenseitig realisierten steinernen Fassaden haben die Hoffassaden raumhohe Fenster erhalten. Hierdurch wird im Inneren der Gebäudefigur der Bezug zum attraktiven Grünraum gestärkt.
Planung | Turkali Architekten |
Bauherr | Aurelis Real Estate |
Standort | Am Südbahnhof, Hannover, Deutschland |
Wettbewerb | 2014, 1. Platz |
Bauzeit | 2018-2020 |
Fotografie | Christian Eblenkamp |
